Flugzeugstörgeräte  SPS 141/142

 

 

 

 

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Artikel in der Zeitschrift   “Militärwesen / VVS –Ausgabe  07-1987”  
Oberstleutnant Dipl.-Ing. A. Ritter
Kommando der Luftstreitkräfte und Luftverteidigung

 

Allgemeine Aufgabe

Bei Kampfhandlungen der Fliegerkräfte ist die Stabilität des gegnerischen Luftverteidigungssystems unter anderem abhängig von der Standhaftigkeit der Funk- und der Funkmeßsicherstellung auch bei störenden Einwirkungen.

Zur Oberwindung des Luftverteidigungssystems wird angestrebt, die Funkmeßsicherstellung mittels geeigneter Maßnahmen an der organisierten Gefechtstätigkeit zu hindern. Zur organisierten Gefechtstätigkeit gehören solche Aufgaben wie Aufklärung, Zielzuweisung und Lenkung der Fla-Raketen und der Rohrwaffen.

Besonders gefährdet durch die gegnerische Luftverteidigung, d. h. durch Fla-Raketen, Rohrwaffen und Jagdfliegerkräfte, sind jene Fliegerkräfte, die am beabsichtigten Durchbruch der gegnerischen Verteidigung teilnehmen.
Gefährlich für diese Flugzeuge sind besonders die Funkmeßstationen, die Zielzuweisungs- und Waffenleitaufgaben erfüllen, wie Geschützrichtstationen, Raketenleitstationen und Funkmeßvisiere von Jagdflugzeugen. Um diese Geräte in ihrer Wirkung zu beeinträchtigen, reicht es aus, die Zielbegleitung durch geeignete Maßnahmen zu verhindern.

Die Störgeräte 141/142 werden durch die abgestrahlten Signale der im Zielbegleitbetrieb arbeitenden Funkmeßstationen zur Erzeugung aktiver Störungen in Form von Antwortsignalen angeregt, die die Zielbegleitung unterbrechen und dadurch ein funkmeßgesteuertes Schießen unmöglich machen.

Die Ausgangsleistung der Störgeräte ist so bemessen, dass am Empfängereingang der Funkmeßstation ein Signal erscheint, welches größer als das vom Flugzeug reflektierte Signal, jedoch nicht groß genug für eine Demaskierung ist. Die Störgeräte 141/142 können deshalb nur ein einzelnes Flugzeug, in Ausnahmefällen ein Paar — wenn dieses die Gefechtsordnung innerhalb der Entfernungs- und Winkelauflösungsunbestimmtheit der zu täuschenden Funkmeßstation einhält — schützen (individueller Schutz).
Beim Einsatz gegen Funkmeßstationen mit Monopulsbetrieb werden zwei Flugzeuge, deren Gefechtsordnung genau vorgeschrieben ist, mit je einem Störgerät eingesetzt (kollektiver Schutz).

Es ist nicht möglich, mit einem Störträger größere Flugzeuggruppen zu maskieren, da die Station nur aktive Störungen aussendet, wenn die Antenne der begleitenden Funkmeßstation ständig auf den Störträger gerichtet ist und damit die Suchsignale ständig anliegen (reguläre Signale).

Da moderne Jagdflugzeuge mit Funkmeßvisieren ausgerüstet sein können, die während der Antennenschwenkung beim Absuchen des Luftraumes auch eine ununterbrochene Zielberechnung über Rechner realisieren, kann bei der modernisierten Variante des, Störgerätes 141 ein spezielles Programm eingeschaltet werden, das geeignete Störungen bei jedem eintreffenden HF-Signal erzeugt. Bei falscher Wahl der Betriebsart bewirkt dieses Programm jedoch eine Demaskierung des Störträgers.

Für die Entschlussfassung des Flugzeugführers, der das Störgerät anwendet, ist es notwendig, sich darüber Klarheit zu verschaffen, welche Funkmeßmittel zu erwarten und wie diese zu beeinflussen sind, um effektive Störprogramme erarbeiten zu lassen.


Realisierung von geeigneten Störungen

Jede Funkmeßstation hat entsprechend ihrem Arbeitsverfahren bestimmte Kanäle, die eine Zielbegleitung innerhalb der Station realisieren. Gemeinsam ist vielen Stationen der Winkelbegleitkanal, der die Nachführung der Antenne auf das Ziel organisiert. Bei Impulsfunkmeßstationen ist außerdem ein Entfernungsmeßkanal vorhanden, der den Empfänger an der Stelle offenhält, an der das Ziel erscheinen wird (Störschutz, Ausblenden anderer Ziele), und bei Dopplerfunkmeßstationen ist ein Geschwindigkeitsmeßkanal vorhanden.

Die Voraussetzung zur Störung einer Funkmeßstation besteht darin, dass diese Station die aktiven Störungen als eigenes Signal verarbeitet, d. h., die Trägerfrequenz und die Pulsfolgefrequenz (bei Impulsfunkmeßstationen) müssen den Störschutz dieser Station passieren.

Es hat sich als vorteilhaft erwiesen, wenn man den Winkelbegleitkanal und den Entfernungsbegleitkanal bei Impulsfunkmeßstationen bzw. den Geschwindigkeitsbegleitkanal bei Dopplerfunkmeßstationen möglichst gleichzeitig stört. Zur Desorientierung der Antenne ist es notwendig, die Empfängerauftastung wieder auf die Zielentfernung laufen zu lassen. Die Dauer dieses Vorganges -  2 bis 3 Sekunden - reicht aus, um aus dem Feuerbereich zu entkommen, da für diese Zeit das organisierte Handeln der entsprechenden Funkmeßstation unterbrochen ist.
 

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Abbildung  1
Offene Flimmerpeilung


Störungen des Winkelbegleitkanals

Die Nachführung der Antenne geschieht nach zwei Verfahren, nach der Flimmerpeilung oder dem Monopulsverfahren.
Bei der Flimmerpeilung rotiert die Strahlungskeule um die Hauptachse der Orientierung der Antenne. Die Drehzahl ist konstant, und die empfangenen Impulse sind mit einer Amplitudenrnodulation versehen, die von der Ziellage im Antennendiagramm abhängig ist und deren Amplitude und Phasenloge zu einem Bezugsfrequenzgeber über die Ziellage Auskunft gibt. Die Antenne wird danach so ausgelenkt, daß sich das Ziel in der signalgleichen Zone befindet, d. h. dass keine Antennenmodulation der Zielimpulse mehr auftritt

Werden die Suchimpulse ebenfalls über den rotierenden Strahler gesendet, spricht man von offener Flimmerpeilung (ältere Flugzeugfunkmeßvisiere, Geschützrichtstationen usw.). Moderne Stationen arbeiten mit innerer Flimmerpeilung, d. h., die- Folge der Zielimpulse wird ausgewertet, das Sendesignal hat keine rotierende Strahlungskeule.

Das Richtdiagramm der Antenne wird beim Empfang in vier Teildiagramme aufgespalten, die noch einem vorgegebenen Programm abgetastet werden. Die empfangenen Zielimpulse können entsprechend dem Abtastprogramm auf Phasen- oder Amplitudenunterschiede hin untersucht werden, woraus ein Fehlersignal zur Antennennachführung abgeleitet werden kann.

Wird mit offener Flimmerpeilung gearbeitet, so kann mit den Störgeräten SPS 141/142 die Flimmerfrequenz festgestellt und den Antwortimpulsen auf moduliert werden. Die Phase der festgestellten Frequenz (Hüllkurve) wird dann verschoben, die ausgesendeten Impulse, die entsprechend amplitudenmoduliert sind, lenken die Antenne der Funkmeßstation vom Ziel ab, und der Winkelbegleitkanal wird gestört (Abtrennung der Hüllkurve).

Bei innerer Flimmerpeilung kann das SPS 141/142 keine Hüllkurvenmodulation „entdecken". Die empfangenen Impulse werden mit „Gleitfrequenzen" amplitudenmoduliert. Die Gleitfrequenz wird über einen bestimmten Bereich verschoben, „gleitet" über den vermuteten Frequenzbereich und stört bei Übereinstimmung den Winkelbegleitkanal.

Modernste Funkmeßstationen arbeiten nach dem Monopulsverfahren. Mit einem einzelnen Zielimpuls lässt sich theoretisch die Richtung und die Entfernung feststellen. Da das abgestrahlte Antennendiagramm sehr schmal ist, müssen innerhalb des Diagramms zwei Störsender gleichzeitig arbeiten. Die Diagrammitte wird sich je nach der Leistung der Störsender in der Mitte zwischen beiden einpegeln, eine Rakete würde zwischen beiden Zielen hindurchfliegen. Der Winkelbegleitkanal der Monopulsfunkmeßstation liefert bei diesen Störungen falsche Werte,
die eine Zielvernichtung in Frage stellen.
 

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Abbildung  2
Störung bei Monopuls


Störungen des Entfernungsbegleitkanal

Der Entfernungsbegleitkanal wird durch den Zielimpuls gesteuert. Noch der entfernungsmäßigen Erfassung wird der Empfänger während der Zeit des möglichen Eintreffens des Zielimpulses geöffnet, und aus der Laufzeit des Suchsignals wird die Entfernung bestimmt. Durch das SPS 141/142 wird der empfangene Suchimpuls so bearbeitet, daß er zunächst nicht, dann jedoch mit wachsender Geschwindigkeit verzögert wird. Dadurch wird das reflektierte Zielsignal durch die Störung maskiert, und der Erfassungsautomat der Funkmeßstation orientiert sich auf die Störung (Regelung des Zielimpulses auf eine genormte Größe durch automatische Verstärkungsregelung des Impulses). Mit der Verzögerung des Störimpulses wird die Empfängerauftastung weggezogen, bis der Störimpuls ausbleibt. Der Empfänger wird dann so geöffnet, dass kein Zielimpuls mehr empfangen wird.
 

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Abbildung  3
Erzeugung entfernungswegführender Störungen


Störungen des Geschwindigkeitsbegleitkanals

Dopplerfunkmeßstationen arbeiten mit Dauerabstrahlung (CW) bzw. mit Quasi-CW-Betrieb (Pulsfolgefrequenzen über 8 bis 10 kHz).
Ausgewertet werden Frequenzverschiebungen gegenüber der Trägerfrequenz oder zwischen Signalen des Endhintergrundes und dem reflektierten Zielimpuls.

Die Störgeräte SPS 141/142 formieren beim Erkennen, von CW und Quasi-CW-Signalen Phasenänderungen des Störsignals gegenüber dem Suchsignal bzw. Dopplerrauschstörungen, wodurch der Geschwindigkeitsbegleitkanal gestört wird.

 

Aufbau der Flugzeugstörgeräte SPS 141 142

Aus den vorangegangenen Erläuterungen ergeben sich folgende Aussagen:
Das SPS 141/142 muss das Suchsignal empfangen und untersuchen, ob eine Impulsfunkmeßstation oder eine CW- bzw. eine Quasi-CW-Funkmeßstation anstrahlt und ob offene Flimmerpeilung vorliegt. In Abhängigkeit davon und von den Schalterstellungen des Fernbedienteiles wird ein effektives Störprogramm gegen die Funkmeßstation gewählt.

Damit die Funkmeßstation das Störsignal als eigenes „ansieht", muss die Trägerfrequenz gespeichert werden, um als Trägersignal wieder moduliert werden zu können. Letztendlich wird das leistungsverstärkte Signal über die Antennen wiederabgestrahlt.

Die Störgeräte SPS 141/142 unterscheiden sich nicht nach dem Arbeitsprinzip, sondern nach dem Frequenzbereich. Der Anwender muss entsprechend den gegnerischen Funkmeßmitteln die jeweilige Variante wählen.

In den Luftstreitkräften der NVA befinden sich unterschiedliche Modifikationen der Störgeräte SPS 141/142, zum einen für den Einbau in Flugzeuge mit der Abstrahlung nach vorn, zum anderen - untergebracht in speziellen Störcontainern - zur Aufhängung unter dem Rumpf (Abstrahlung nach vorn) oder unter den Tragflächen mit der Abstrahlung nach vorn bzw. hinten (Wahl durch den Flugzeugführer).

Dem Flugzeugführer wird die Anstrahlung am Fernbedienteil über eine Lampe angezeigt (blinken). Hat er auf Abstrahlung geschaltet, so leuchtet die Lampe ständig, sofern Anstrahlung vorliegt und eine Störung abgestrahlt wird. Die Störbetriebsarten werden ebenfalls vom Flugzeugführer gewählt.

Die Hauptstörbetriebsarten sind die Programme I und II.
Während das Programm I für die Störung von Impulsfunkmeßstationen und von CW-Funkmeßstationen ohne Monopulswinkelbegleitverfahren geeignet ist, wird das Programm II bei Monopulsstationen angewendet, wobei zwei Störträger fliegen müssen, deren Störgeräte wechselseitig (intermittierend) arbeiten. Die Intermittierungsfrequenz kann mittels eines Schalters vom ingenieurtechnischen Personal vorgewählt werden. Das ingenieurtechnische Personal hat außerdem die Möglichkeit, die Abtrennung der Hüllkurve und den Vorzug „Impuls-Dauerstrich-Funkmeßstationen"  mittels Schalter vorzuwählen.

Die modernisierten Störgeräte SPS 141/142 können gegen
Flugzeugfunkmeßvisiere mit Zielbegleitung bei Übersichtsbetrieb eingesetzt werden (gesondertes Programm, Wahl durch Flugzeugführer).

Bei einer Containervariante wird durch Abstrahlung des Störprogramms über Zusatzantennen in geringen Flughöhen auf der Erdoberfläche ein Scheinziel (Leuchtfleck) erzeugt, auf das sich selbstzielsuchlenkende Raketen (Hawk) infolge des größeren Signalpegels ausrichten. Dieses Störprogramm wird ebenfalls vom Flugzeugführer gewählt.

Innerhalb der Störprogramme I und lI wählt das Störgerät in Abhängigkeit des Vorzuges „Impuls-CW" wirksame Störungen gegen den Winkel- und Entfernungs-/Geschwindigkeitsbegleitkanal aus.

 

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Abbildung  3
Erzeugung entfernungswegführender Störungen

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Abbildung  3
Erzeugung entfernungswegführender Störungen













Abbildung  6
Störung passiver Zielsuchlenkung


Schlussfolgerungen

Für den Schutz des eigenen Flugzeuges bzw. des Paares vor bodenständigen oder flugzeuggestützten Funkmeßmitteln zur Waffenleitung ist es notwendig, die möglichen funktechnischen Mittel der Waffenleitung des Gegners aufzuklären. die zweckmäßigsten Störprogramme zu erarbeiten und diese durch das ingenieurtechnische und fliegende Personal einstellen zu lassen.

Besonders wichtig ist die Ausbildung des fliegenden Personals hinsichtlich der Anwendung der Störgeräte SPS 141/142, um operative Entscheidungen lagebezogen und richtig zu fällen.

Der Einsatz der Störgeräte ersetzt nicht die Manöver zur Herabsetzung der Vernichtungswahrscheinlichkeit, sondern ist als Ergänzung aufzufassen, Eine falsche Anwendung der Störgeräte kann zur Demaskierung führen (besonders das Programm gegen Funkmeßstationen mit Zielbegleitung bei Übersichtsbetrieb oder die Unterbetriebsart „Hüllkurvenabtrennung"), ebenso ein vorzeitiges Einschalten, um die Luftraumaufklärungs- und Luftraumüberwachungsfunkmeßstationen blenden zu wollen. Das Störgerät arbeitet nur richtig, wenn die Antenne der gegnerischen Funkmeßstation auf den Störträger (Flugzeug) gerichtet ist und „reguläre" Signale vorliegen.

Der Flugzeugführer wird das Zielgebiet anfliegen und bis zur Einschaltlinie der Betriebsart „Senden"' nach der Lampe „Anstrahlung“ beobachten, ob er durch die Feuerleitmittel des Gegners begleitet wird. Mit dem Einschalten „Senden", d. h. der aktiven Störungen, wird er dann bestimmte Manöver einleiten, um die Vernichtungswahrscheinlichkeit zu senken. Die Kenntnisse über ihn erwartende Vernichtungsmittel des Gegners und deren Stationierung erlaubt die Wohl günstiger Profile und Höhen für die Erfüllung der Aufgabe.

Wichtige Dokumente zur Nutzung der Flugzeugstörgeräte sind die Anleitungen zum Gefechtseinsatz des jeweiligen Flugzeugtyps und die Anleitung 107/1/433 des Chefs Fliegeringenieurdienst, die wesentliche Hinweise zur Programmerarbeitung, Übermittlung der Programme und zu deren Anwendung beinhaltet.

Aufgrund der Wahl des Frequenzbandes der Störgeräte SPS 141/142 durch den Hersteller ist ein Einsatz gegen eigene Feuerleitmittel zu Trainingszwecken nur in Einzelfällen möglich.